Nein, ich meine nicht „Brecht“ und habe mich eigentlich nur verschrieben – ich meine Richard David Precht, der den meisten sicher in der ein oder anderen Talk-Sendung als eloquenter Gast begegnet ist oder als Autor eines seiner erfolgreichen Bücher, wie zum Beispiel dessen mit dem gelungensten Titel „Wer bin ich – und wenn ja wie viele„.
Er tritt jetzt mit einer Fernsehsendung die (sendeplatzbezogene) Nachfolge des philosophischen Quartetts an – einer Sendung die ich im Kern zwar auch gut fand, die meiner Meinung nach aber allzuoft durch die Form „Ältere Männer unterhalten sich – zum Teil lange nach Worten ringend und nuschelnd – in Ihrer eigenen Welt zu philosophischen Themen“ einer breiteren Zielgruppe verborgen blieb.
Ob „Precht“ sich als neues Format ein wenig aus dieser „philosophischen Ecke“ befreien kann und einen größeren Kreis von Leuten erreicht (relativ zur späten Sendezeit) – das wird sich zeigen. Obwohl die Einordnung in den Bereich „Philosophie“ lediglich aus dem Sendeplatz und der Beschreibung des Gastgebers erwächst, stellt dies doch die verbreitete Erwartungshaltung dar. Die Kritiken auf die erste Ausgabe der Sendung sind überwiegend negativ ausgefallen: zu viel (bzw. ausschließlich) Konsens, zu gescriptet, zu auswendig, kein kritisches Nachhaken, zu nah – zu wenig Diskurs.
Zwei Stühle – eine Meinung
Das Thema war provokativ mit „Skandal Schule – Macht Lernen dumm?“ gesetzt – einer Frage. Diese wurde jedoch nicht nach gewohntem Schema mit pro und kontra erörtert, sondern eher unisono von beiden mit „So wie es jetzt läuft, Ja!“ beantwortet. Selbst wenn sie einer Meinung sind (was beiden vohrer klar war) hätte es dem Format gut getan, dies zumindest durch das kritische Hinterfragen der idealistischen Thesen etwas aufzubrechen. Das bleibt hier allein dem Zuschauer überlassen und ich bezweifle, dass es in einer Richtung passiert, die dem Thema hilft – im Gegenteil: er bezieht dann eher die Gegenposition – weil sie fehlt.
Ich vermute, dass es sich bei Gerald Hüter – dessen grundsätzliche Aussagen zum Thema Bildung ich teile – um den Wunschgast von Precht handelte, weil ihm das Thema auch wichtig ist und er es auf die Agenda setzen wollte. Leider führt das dann dazu, dass nur eine Seite im Zwiegespräch existiert. Ich dachte unweigerlich an „Zwei Stühle – eine Meinung“ (RTL Samstag Nacht) das von Olli Dittrich und Wigald Bohning in den 90er Jahren zu einiger Bekanntheit gebracht wurde – jedoch waren das quasi „Die Doofen“ mit augenscheinlich etwas anderem Anspruch an ihre Sendung.
Sendekonzept „mit Potenzial“
Die aktuelle Sendung enthielt für mich wenig Neues, da ich mit Hüters Aussagen zum Thema bereits recht gut vertraut war. Das reduzierte Sendekonzept der zwei Gesprächspartner bot jedoch deutlich mehr Potenzial als ein einfacher Vortrag zum Thema. Schade, dass das von den beiden (vor allem Precht als Gastgeber) nicht ausgeschöpft wurde. Trotzdem werde ich auch in der nächsten Sendung wieder reinschauen und bin gespannt, ob und wenn ja wie sich das Format weiterentwickelt.
Das sagen andere zu „Precht“:
- ResCogitans: Provokation verkauft sich besser – Journalisten hacken auf Precht ein
- Alltagsforschung: Richard David Precht und die Einstiegsfrage
- Einer der wenigen positiven Reviews bei meedia: “Precht” – das nachtdunkle Schmuckstück